Der Bandscheibenvorfall ist eine in vielen Fällen äußerst schmerzhafte Folge degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule. Symptome, die darauf hindeuten sind Rückenschmerzen, die in Arme oder Beine ausstrahlen sowie manchmal auch Gefühlsstörungen und Lähmungserscheinungen. In der Behandlung stehen meist Bewegungsübungen und schmerzlindernde Medikamente an erster Stelle – nur selten ist eine Operation erforderlich.
Die Bandscheiben, machen rund 25 % der Gesamtlänge der Wirbelsäule aus. Ihre Dicke nimmt von der Hals- zur Lendenwirbelsäule hinzu. Sie liegen jeweils zwischen zwei Wirbelkörpern, erhöhen die Beweglichkeit der Wirbelsäule und dienen als „Stoßdämpfer“.
Damit Sie besser verstehen können, was bei einem Bandscheibenvorfall passiert, hier der grobe Aufbau einer Bandscheibe:
Von einem Bandscheibenvorfall spricht man, wenn der Gallertkern der Bandscheibe den äußeren Faserring durchbricht. Dies kann langsam oder plötzlich geschehen. Durch das austretende Gewebe kann es zu einem Druck auf die Wurzeln der aus dem Rückenmark austretenden Nerven oder auf das Rückenmark selbst kommen.
Neun von zehn Patienten leiden unter einem Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule (LWS). In etwa zehn Prozent der Fälle kommt es an der Halswirbelsäule (HWS) zu einem Bandscheibenvorfall. Im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS) sind Bandscheibenvorfälle sehr selten – dann jedoch oft im unteren Bereich lokalisiert.
Unsere Wirbelsäule altert mit uns. Erste Verschleißerscheinungen zeigen sich in der Regel ab 30 Jahren – zuallererst an den Bandscheiben. Ähnlich wie die Elastizität unserer Haut mit zunehmendem Alter sinkt, nimmt auch die Spannkraft der Bandscheiben ab. Diese verlieren sukzessive die Möglichkeit Nährstoff- und Wasserverluste auszugleichen und werden mit der Zeit immer poröser. Degenerative Prozesse machen die Bandscheiben anfälliger für Risse, ebenso wie fehlende Belastungsreize durch Inaktivität. Umgekehrt wirken sich aber auch starke oder wiederholte Überbelastung schädigend auf die Bandscheiben aus. Gefährdete Berufe finden sich deshalb häufig im Bau- und Transportgewerbe und in der Krankenpflege. Außerdem können Übergewicht und Fehlhaltung Druck auf die Wirbelsäule ausüben und so das Risiko eines Bandscheibenvorfalls erhöhen.
Alle Risikofaktoren auf einen Blick:
Mögliche Symptome bei einem Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule:
Mögliche Symptome bei einem Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule:
Manchmal bleibt ein Bandscheibenvorfall gänzlich unbemerkt oder wird als Zufallsbefund entdeckt. Aus Untersuchungen mit Kernspintomographie weiß man, dass auch Menschen, die nicht unter Rückenschmerzen leiden, einen Bandscheibenvorfall haben können. Letztendlich hängt es sowohl von der Lage als auch vom Ausmaß des Bandscheibenvorfalls ab, ob und welche Symptome auftreten können.
Treten Gefühlsstörungen im Bereich von After und Genitalien sowie der Innenseite der Oberschenkel auf oder kommt es zu plötzlichen Störungen beim Wasserlassen und Stuhlgang, sollten Betroffene umgehend ein Krankenhaus aufsuchen.
Wenn eine Behandlung mit Physiotherapie oder Medikamenten nach 6-12 Monaten nicht angeschlagen hat, man täglich an Beschwerden leidet und die Lebensqualität eingeschränkt ist, sollte man in jedem Fall einen Wirbelsäulenspezialisten aufsuchen!
Prof. Dr. Christian Bach
Facharzt für Orthopädie, Traumatologie und Wirbelsäulen-Spezialist in Wien
Bei Rückenschmerzen ist Ihr Hausarzt bzw. Ihre Hausärztin die erste Anlaufstelle. Dieser wird einige einfache Untersuchungen durchführen, um zu prüfen, ob und wie dringend eine weitere Abklärung bei einem Facharzt oder einer Fachärztin für Neurologie, Orthopädie oder Neurochirurgie erfolgen sollte.
Ein Facharzt bzw. eine Fachärztin für Orthopädie oder Neurologie wird Sie gründlich untersuchen und Sie bei Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall zur weiteren Abklärung zu einem MRT (Magnetresonanztomographie) schicken. In den meisten Fällen erfolgt die Behandlung mit Schmerzmedikamenten, Physiotherapie und Bewegungstherapie.
Bei fortschreitenden, schweren Lähmungserscheinungen und Problemen Stuhl und Urin zu halten, sollten Sie schnellstmöglich von einem Neurochirurgen oder orthopädischen Chirurgen untersucht werden. In diesen Fällen sowie bei anhaltenden Beschwerden trotz medikamentöser Behandlung kann eine Operation notwendig sein.
Physiotherapie kann beim Bandscheibenvorfall sowohl bei sonst rein medikamentöser Therapie als auch nach einer allfälligen Operation und in der Rehabilitation zur Schmerzlinderung, Mobilisierung und Stabilisierung beitragen. Ihre behandelnde Haus- oder Fachärztin kann Ihnen dafür eine Verordnung ausstellen.
Falls aus fachärztlicher Sicht eine Operation angezeigt ist, erfolgt diese an einer neurochirurgischen oder orthopädisch-chirurgischen Abteilung durch spezialisierte Ärztinnen und Ärzte. Diese können Sie hinsichtlich der optimalen chirurgischen Methode beraten und kümmern sich auch um die Nachsorge.
Für einen anhaltenden Therapieerfolg nach Bandscheibenvorfall bzw. Bandscheibenoperation ist es wichtig, im Rahmen einer stationären oder ambulanten Rehabilitation gezielte Maßnahmen zur Nachsorge zu erlernen. Den Antrag auf Reha füllen Sie am besten gemeinsam Ihrem behandelnden Arzt aus.
In mehr als 90 Prozent der Fälle ist eine konservative (also nicht-chirurgische) Therapie mit Medikamenten und physiotherapeutischen Maßnahmen ausreichend. Dabei geht es vor allem in der akuten Phase um die Linderung der Schmerzen und um das schrittweise Heranführen an eine normale Beweglichkeit. Die wichtigsten Behandlungsbausteine sind:
Behandlungsansätze bei akutem Bandscheibenvorfall:
Auf jeden Fall so rasch wie möglich operiert werden sollte bei Bandscheibenvorfall mit
Eine Operation kann zudem in Erwägung gezogen werden, bei medikamentös nicht beherrschbaren Schmerzen und Einschränkungen der Muskelkraft, wenn auch die Bildgebung (MRT, CT) entsprechende Veränderungen zeigt.
Im Groben lassen sich folgende Verfahren unterscheiden:
Mikrochirurgischen Techniken: Die Verwendung eines Operationsmikroskops ermöglicht es Chirurgen, über einen kleinen Hautschnitt zur Wirbelsäule vorzudringen. Unter Schonung von Muskeln, Sehnen und Gelenken kann das vorgefallene Gewebe mikrochirurgisch entfernt werden.
Endoskopische Verfahren: Bei dieser, ebenfalls sehr schonenden Operationsmethode werden natürliche Knochenöffnungen der Wirbelsäule für das Einbringen des Endoskops benutzt. Unter radiologischer Führungshilfe kann das Gerät behutsam durch den Nervenwurzelkanal navigiert werden. Das vorgefallene Bandscheibengewebe wird mit mikroskopisch feinen Fasszangen entfernt.
Versteifungsoperation und Einsatz einer künstlichen Bandscheibe: Manchmal reduziert ein fortschreitender Verschleiß der Wirbelsäule den Abstand zwischen den Wirbeln - die Wirbelsäule verkürzt sich und wird instabiler. Um ihre Stabilität bestmöglich zu erhalten und wichtige Strukturen wie das Rückenmark und die Aorta zu schützen, kann die Wirbelsäule operativ versteift oder eine künstliche Bandscheibe eingesetzt werden.
Diese Maßnahmen können zur Risikoreduktion beitragen: