home> HausarztNAVI >Mandelentzündung (Angina tonsillaris)

Mandelentzündung (Angina tonsillaris)

02.05.2024

Halsweh ist ein häufiges Symptom einer „klassischen“ Erkältung, kann aber auch im Rahmen einer reinen Entzündung von Rachen bzw. Gaumenmandeln auftreten. Meist stecken dann so wie bei der Erkältung Viren dahinter, manchmal aber auch Bakterien. Als Hausarzt ist es meine Aufgabe, Sie hinsichtlich der Therapie zu beraten und auf mögliche Komplikationen zu achten.

Wissenschaftlich geprüft von Dr. Susanne Rabady, Österreichische Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (ÖGAM)

Ursachen
Wodurch kommt es zu Halsschmerzen?

Ursache von Halsschmerzen aufgrund einer Entzündung im Rachenbereich ist häufig ein viraler und deutlich seltener ein bakterieller Infekt. Dies betrifft auch die akute Angina tonsillaris (auch: akute Tonsillitis), also die Entzündung der Gaumenmandeln. Die Gaumenmandeln liegen jeweils seitlich am Übergang der Mundhöhle zum Rachen. Häufig sind Rachen und Mandeln gleichzeitig entzündet. 
Hier eine kleine Begriffsklärung, die Sie gerne überlesen können, wenn Sie es nicht so genau wissen möchten:

  • Akute Tonsillitis = akute Mandelentzündung
  • Akute Pharyngitis = akute Rachenentzündung
  • Akute Tonsillopharyngitis = gleichzeitige akute Entzündung von Gaumenmandeln UND Rachen


Falls Bakterien hinter der Entzündung stecken, so sind das meist so genannte „Beta-hämolysierende Streptokokken“, aber meist ist ein Infekt mit „normalen“ Erkältungsviren die Ursache. Auch ein Infekt mit dem Covid-19-Virus kann Halsschmerzen auslösen.

Symptome
Was sind typische Symptome bei viraler oder bakterieller Entzündung im Rachenbereich?
Symptome
Virusinfektion

Halsweh plus

  • Schnupfen
  • Husten
  • Heiserkeit
  • Irritierte, gerötete Augen
  • Fieber und Abgeschlagenheit
Symptome
Bakterielle Infektion

Halsweh plus

  • Schluckbeschwerden
  • Fieber > 38°
  • Geschwollene Lymphknoten
  • Weißlich-gelbe Auflagerungen („Stippchen“) an den Mandeln und im Rachenbereich
  • KEIN Husten und Schnupfen
Symptome
Kann der Arzt oder die Ärztin unterscheiden, ob eine Mandelentzündung durch Viren oder Bakterien verursacht wird?

In der Hausarztpraxis ist die Unterscheidung nicht immer eindeutig möglich:

  • Der Rachenabstrich („Streptokokken-Schnelltest“) ist leider oft negativ, auch wenn es eine bakterielle Ursache gibt.
  • Eine Blutabnahme macht wenig Sinn und wird in den Ärzte-Leitlinien im Normalfall nicht empfohlen.

Ihr Arzt oder Ihre Ärztin wird sich in der Praxis also an Ihrem Beschwerdebild orientieren, das meist sehr gute Hinweise gibt.

Symptome
Wann sollte ich mit Halsschmerzen unbedingt sofort zum Arzt gehen?
  • Bei Schwierigkeiten bzw. Behinderung beim Atmen
  • Bei Hautausschlag
  • Wenn Schlucken und damit Flüssigkeitsaufnahme nicht mehr möglich ist
  • Bei Nackensteife und Problemen den Mund zu öffnen
  • Wenn eine durch chronische Krankheit oder Medikamente verursachte Immunschwäche vorliegt
  • Bei hohem Fieber und schlechtem Allgemeinzustand
Behandlung
Die 5 Top-Infos vom Hausarzt
  • Halsschmerzen werden meist von selbst innerhalb einer Woche besser
  • Sie sollten darauf achten, sich körperlich zu schonen und ausreichend zu trinken
  • Wenn Sie Raucher/in sind, verzichten Sie auf die Zigaretten bzw. meiden Sie als Nichtraucher/in Passivrauch
  • Meist wird eine infektiöse Rachen- bzw.- Mandelentzündung durch Viren ausgelöst – Antibiotika bringen hier nichts
  • Tabletten mit Wirkstoffen, wie Ibuprofen oder Paracetamol können Schmerzen reduzieren und Fieber senken und damit die Befindlichkeit verbessern. (Besprechen Sie bitte mit Ihrem Hausarzt bzw. Ihrer Hausärztin, welche dafür im Bedarfsfall für Sie geeignet sind).

Es ist wichtig, sich vor Augen zu halten, dass eine Entzündung von Gaumenmandel und Rachen in den allermeisten Fällen von selbst abheilt. Nach 3 Tagen sind 30-40 Prozent der Betroffenen auch unbehandelt schmerzfrei, nach einer Woche haben bereits 80-90 Prozent keinerlei Beschwerden mehr.

Behandlung
Bei der Behandlung einer akuten Mandelentzündung geht es hauptsächlich um vier Dinge
  • Immer: Linderung der Beschwerden
  • Immer: Das Immunsystem ungestört arbeiten zu lassen (körperliche Schonung!)
  • Immer: viel Trinken, um den Flüssigkeitsverlust durch das Fieber auszugleichen
  • Nur bei ärztlichem Verdacht auf bakteriellen Infekt und wenn Arzt bzw. Ärztin es für sinnvoll halten: Bekämpfung der Bakterien durch ein Antibiotikum, um den Krankheitsverlauf günstig zu beeinflussen und das Risiko für Komplikationen zu reduzieren.
Behandlung
Linderung der Beschwerden

Schmerztabletten

Gegen Beschwerden, wie Halsschmerzen, Fieber und Kopfweh kann Ihnen Ihr Hausarzt oder Ihre Hausärztin Mittel verschreiben, wie sie auch bei einer Erkältungskrankheit eingesetzt werden, also zum Beispiel Ibuprofen oder Paracetamol.

Lutschtabletten/Sprays

Tabletten oder Pastillen zum Lutschen können unabhängig von den Inhaltsstoffen die Speichelproduktion anregen, was zur Schmerzlinderung beitragen kann. Eventuell enthaltenes Menthol kann diesen Effekt durch eine kühlende Wirkung unterstützen. Auch Lutschtabletten mit örtlich betäubenden („Lokalanästhetika“) oder antientzündlichen „“Nicht-steroidale Antirheumatika = NSAR“) Wirkstoffen können laut einer Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin mit dem Ziel der Schmerzlinderung empfohlen werden. Salbeisprays können einer Studie zufolge zu einer leichten Besserung der Beschwerden führen

Behandlung
Antibiotikatherapie

In etwa 9 von 10 Fällen steckt hinter der akuten Mandelentzündung eine Infektion mit Erkältungsviren. In diesen Fällen haben Antibiotika keinen Nutzen, können Ihnen aber unter Umständen schaden.
Wenn Ihr Hausarzt oder Ihre Hausärztin aber eine bakterielle Ursache der Halsschmerzen vermutet oder eine solche mittels Rachenabstrich festgestellt wurde, kann er oder Sie Ihnen ein Antibiotikum verschreiben.

Grundsätzlich sollten in diesem Zusammenhang die folgenden Aspekte beachtet werden:

  • Die positiven Effekte und möglichen negativen Folgen einer Antibiotikatherapie sollten von Patient:in und Arzt bzw. Ärztin gemeinsam besprochen werden.
  • Studien zeigen, dass eine Antibiotikatherapie die Dauer der Beschwerden um durchschnittlich 16 Stunden verkürzen kann.
  • In etwa 10 Prozent der Fälle führt eine Antibiotikaeinnahme zu unerwünschten Wirkungen, wie Durchfall oder allergischen Reaktionen.
  • Ihr Arzt oder Ihre Ärztin hat auch die Aufgabe, insgesamt auf einen vernünftigen Einsatz von Antibiotika zu achten, um die Gefahr von Resistenzbildungen zu reduzieren.
Behandlung
Operative Entfernung der Gaumenmandeln (Tonsillektomie)

Seit einigen Jahrzehnten, erfolgt eine Entfernung der Gaumenmandeln deutlich seltener als früher.
Ob in einem bestimmten Fall eine Operation in Frage kommt bzw. ratsam ist, wird Ihr Arzt oder Ihre Ärztin individuell mit Ihnen besprechen. Ganz allgemein spielt dabei die Anzahl der Krankheitsepisoden eine wichtige Rolle.

Zahl der Episoden in den letzten 12 Monaten:

  • Weniger als 3 Episoden: keine Operation
  • 3 bis 5 Episoden: ob die Operation eine mögliche Option ist, hängt von der Anzahl der Episoden in den nächsten 6 bis 12 Monaten ab.
  • 6 Episoden oder mehr: die Operation ist eine Behandlungsoption
Behandlung
Das NAVI-Team bei Halsschmerzen – wer hilft mir wie?
Alle im Überblick
chevron_rightIch selbst

Durch körperliche Schonung, ausreichend Flüssigkeitszufuhr und Verzicht bzw. Vermeidung von Zigarettenrauch können Sie den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen. Gemeinsam mit Ihrem Hausarzt oder Ihrer Hausärztin sind sie ein Team, wenn es um Entscheidungen zur Behandlung geht.

chevron_rightHausarzt

Ihr Hausarzt oder Ihre Hausärztin ist bei Halsschmerzen Ihr/e erst/e Ansprechpartner/in. Er oder sie wird auf Basis Ihrer Beschwerden eine Behandlung empfehlen und unter Umständen eine weitere fachärztliche Abklärung veranlassen.

chevron_rightHNO-Arzt

Zu einem Facharzt oder einer Fachärztin für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde wird Sie Ihr Hausarzt oder Ihre Hausärztin beispielsweise schicken, wenn es Hinweise auf einen Abszess im Rachenbereich gibt, wenn die Beschwerden länger als 6 Wochen dauern oder bei mehr als 6 Mandelentzündungen im Jahr.

chevron_rightApotheke

Ihre Apotheke wird Sie wie immer zur richtigen Einnahme der vom Arzt verschriebenen Medikamente beraten.

chevron_rightSpital

Ihr Hausarzt oder Ihre Hausärztin wird eine unverzügliche Aufnahme auf einer HNO-Abteilung oder internistischen Abteilung veranlassen, wenn er oder sie Hinweise auf einen möglicherweise gefährlichen Krankheitsverlauf findet. 

Verlauf und Komplikationen
Welche Komplikationen können bei Mandelentzündung auftreten?

Zwar ist ein Großteil, also 80 bis 90 Prozent der Patient:innen nach einer Woche beschwerdefrei, aber manchmal kann es auch zu Komplikationen oder gefährlichen Verläufen  kommen:

  • Die Entzündung kann sich auf den Bereich der Ohren und der Nebenhöhlen ausbreiten und zu einer akuten Mittelohrentzündung oder akuten Sinusitis führen.
  • Bei Verdacht auf einen eitrigen Abszess im angrenzenden Bereich des Rachens bzw. der Gaumenmandeln sollte noch am selben Tag ein HNO-Arzt bzw. eine HNO-Ärztin eingebunden werden – entweder im niedergelassenen Bereich oder im Spital
  • Auch eine Störung der Flüssigkeitsaufnahme durch das Anschwellen der Schleimhäute kann eine stationäre Aufnahme im Spital erforderlich machen
  • Folgen einer Infektion mit Streptokokken, wie das rheumatische Fieber oder eine bestimmte Form der Nierenerkrankung treten in Westeuropa selten auf.


Manchmal können auch Erkrankungen, wie Diphterie (bei Ungeimpften), infektiöse Mononukleose oder Meningitis (Hirnhautentzündung) hinter den Halsschmerzen stecken. In diesen Fällen ist meist eine Behandlung im Spital erforderlich.

Wichtig

Wenn es nach dem Besuch beim Hausarzt zu einer erneuten Verschlechterung oder innerhalb von 3-4 Tagen zu keiner Besserung kommt, sollten sie nochmal Ihren Arzt bzw. Ihre Ärztin aufsuchen!

Verlauf und Komplikationen
Wie lange ist man bei einer Infektion mit Streptokokken ansteckend?

Bei einer gesicherten Infektion mit Streptokokkus pyogenes wird von einer Ansteckungsfähigkeit über 3 Wochen unbehandelt und 24 Stunden bei antibiotischer Behandlung ausgegangen.

(Bild: KMM)
(Bild: KMM)
(Bild: KMM)